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Arosa Bärenland 5

5 Jahre Arosa Bärenland: 
Eine Reise aus der Perspektive von Tierpflegerin Daria 

Tierpflegerin Daria ist seit Anfang an dabei. Die letzten fünf Jahre brachten für die gebürtige Berner Oberländerin viele Herausforderungen. Dies beruflich wie auch persönlich. Im aktuellen Blog schildert sie einige spannende Eindrücke aus den letzten fünf Jahren als Tierpflegerin im Arosa Bärenland.

29.8.2023

Vor fünf Jahren, als das Arosa Bärenland seine Tore öffnete, war ich gerade einmal 22 Jahre alt. Diese Reise mitzuerleben, von der ersten Idee bis zur Umsetzung, hat mir nicht nur unvergessliche Erfahrungen beschert, sondern auch wertvolle Lektionen für mein Privatleben gegeben. Als ausgebildete Tierpflegerin war es für mich eine einmalige Gelegenheit, meine eigenen Ideen einzubringen und Arbeitsweisen zu gestalten – ein Prozess, der meine Sicht auf das Leben nachhaltig verändert hat.

Ursprünglich hatte ich einen engeren Draht zu Tieren als zu Menschen. Doch im Bärenland habe ich nicht nur die Liebe zu den Tieren gefunden, sondern auch zur Menschheit. Die Erkenntnis, wie unterschiedlich wir alle sind und dennoch denselben Wunsch nach einer besseren Welt hegen, hat mich tief berührt. Im Bärenland wird mir immer wieder bewusst, wie ähnlich wir Menschen und Tiere uns am Ende sind und wie viel wir von ihnen lernen können.

Der Anfang war herausfordernd, wir haben den Aufwand unterschätzt – vor allem die Präsenz auf der Besucherplattform. Doch schnell merkten wir, wie wichtig unsere Informationen für die Gäste waren, und unsere Präsenz stieg rapide an. Dadurch konnten wir den Besuchenden noch mehr Informationen bieten und sie für den Tierschutz sensibilisieren. 

 

Aller Anfang war schwer

Eine weitere Herausforderung der Anfangszeit war die Sichtbarkeit mit nur einem Bären. Auf dem drei Hektar grossen Gehege und noch ohne Abenteuerweg, war es teilweise schwer Napa beobachten zu können. Mit Napa hatten wir jedoch den perfekten ersten Bären, der wusste, wie er die Besucher:innen mit seiner neugierigen, freundlichen Art unterhalten konnte. So war die Sichtbarkeit dank ihm meistens trotzdem sichergestellt. Danke Napa! Mittlerweile ist die Sichtbarkeit ohnehin viel besser geworden. Mit heute vier Bären und vor allem dem Abenteuerweg, dank dem die Besuchenden das Gelände von verschiedenen Perspektiven aus sehen können, ist die Bärenbeobachtung das absolute Highlight bei uns.

Dazu kam anfangs, dass das Bärenland noch keine grosse Bekanntheit besass. Die Gäste wussten meistens nicht, was der Sinn dieses Projektes ist und vor allem, dass kein Zoo-Konzept dahintersteckt. Heute jedoch kommen die meisten, um eine Auffangstation für misshandelte Bären zu besuchen, deren Geschichten zu erfahren sowie die beeindruckende Verhaltensentwicklung zu verfolgen.

Auch der Winter 2018, unser erster Winter, zeigte sich als grosse Hürde. Die Unsicherheit, ob der Zaun den Druck der Schneemassen standhalten kann, war gross. Beim allerersten Zaunalarm hörte das Telefon nicht auf zu klingeln! Das Alarmsystem, das mit meinem Handy verbunden ist, war damals noch nicht so optimiert wie heutzutage. Ich quittierte schlussendlich total 140 Alarmanrufe.
Daraus lernten wir unteranderem, die untersten Elektrodrähte vor dem ersten Schnee abzulegen und uns damit viel Arbeit im Frühling ersparen zu können. Als der Frühling kam und der Schnee langsam schwand, waren die meisten Isolatoren defekt vom Gewicht des Schnees.

Auch die richtige Betreuung des Bärs war zu Beginn noch ein Fragezeichen. Napa war für uns schwierig einzuschätzen, da wir mit extrem verhaltensgestörten Bären keine Erfahrung hatten und wir wollten unbedingt alles richtig machen. Die Betreuung war definitiv eine Lernerfahrung. Rückblickend würden wir manches anders handhaben. Zu Beginn hat Napa kein Futter gesucht. Deshalb haben wir ihm nach einer Woche ohne Nahrungsaufnahme Äpfel durchs Gitter gegeben und danach das Ganze langsam reduziert, bis er verstanden hat, dass er das Futter auch auf dem Boden finden kann. Heute würden wir nicht so leicht nachgeben und weiterhin so lange das Futter auf dem Boden verteilen, bis der Bär von selbst anfangen würde zu suchen. Allgemein neigen wir Menschen dazu, den Tieren helfen zu wollen, vor allem in der Tierpflege. Im Bärenland habe ich gelernt, dass Tiere das alles allein schaffen können - sofern man ihnen vertraut. Helfen zu wollen erschwert dem Tier nur den eigenen Lernprozess.

Bedeutende Momente

Dasselbe gilt auch für Vergesellschaftung der Bären. Jedes einzelne Zusammenführen war für uns ein aufregendes Erlebnis, bei dem wir den Tieren unser Vertrauen geschenkt haben und es hat jedes Mal ausgezeichnet und erfolgreich funktioniert.

Für mich waren die bedeutendsten Momente in den letzten fünf Jahren die stetigen Entwicklungen der Bären.
So gerne denke ich an Napa zurück, als er sein erstes Schaf bekommen hat und fast zwei Stunden lang nicht aufgegeben hat daran zu zerren, bis er schlussendlich das Schaf aufgerissen hatte und endlich ans Fleisch gelangte. Das Fleisch frass er genüsslich und verbrachte danach sogleich seine erste Nacht in der Aussenanlage neben dem Schaf.

Momente mit Amelia und Meimo, die in ihrer zweiten Winterruhe sich selbst eine Höhle in der Aussenanlage einrichteten und erstmals die Winterruhe draussen verbrachten, waren für mich ebenfalls sehr eindrücklich. Oder als Jambolina nach kurzer Zeit das Streifgebiet unter der Mittelstation für sich erklärte und sich dort erfolgreich gegen Amelia und Meimo durchsetzte. Auch Jamila und Sam machten mich stolz. Die Beiden sind mit 18 Jahren unsere ältesten Tiere. Ein Jahr nach ihrer Rettung zeigen sie praktisch keine Art von Stereotypien mehr, was in ihrem fortgeschrittenen Alter ebenfalls sehr eindrücklich ist.

Ein Mehrwert für Mensch und Tier

Das Bärenland ist für mich ein Mehrwert für Mensch und Tier. Mit diesem Projekt haben bis zu fünf Bären die Chance, einen schönen, artgerechten Lebensabend geniessen zu dürfen und sind indirekt auch Botschafter für alle Bären, die noch in misslichen Haltungen leben müssen. Für uns Angestellte ist die Arbeit Leidenschaft pur, die wir ausleben können. Alle Besucher:innen kommen hier den Bären näher, können sich entspannen und schliessen durch das Gespräch über die Bären sogar Freundschaften mit anderen Besuchenden.

Für mich ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, welche Ruhe und Gelassenheit die Bären auf die Gäste übertragen. Oft sind viele an der Kasse noch gestresst, hetzen durch die Ausstellung, um endlich einen Bären fotografieren zu können. Ab und zu kommt es vor, dass da halt keiner ist. In diesem Moment mit den Besuchenden über die Vergangenheit der Bären zu sprechen, die Biologie dieses Tieres zu erklären und dann plötzlich doch noch einen Bären zu sehen, der in einem natürlichen Lebensraum Futter sucht, versetzt den Menschen wieder ins Hier und Jetzt. Die Unruhe, der die besuchende Person zuvor noch ausgesetzt war, schwindet und das Interesse für das Tier steigt. Somit bringen unsere Bären dem Menschen ganz viel bei und die Besuchenden kommen im Moment an und vergessen all ihre Pläne, die zuvor den ganzen Stress auslösten. Sie zeigen sich dankbar und wenn sie das Bärenland verlassen, sind die Gedanken immer noch bei den Bären und deren Geschichten.

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